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Das Hundeschule-Phänomen – oder wie dein Hund an lockerer Leine durch den Alltag geht

Kennst du das? In der Hundeschule ist dein Hund ein kleiner Streber, himmelt dich an und geht an lockerer Leine neben dir her, als ob das seine Lieblingsbeschäftigung wäre. Kaum ist die Lektion Vergangenheit, zieht dein Hund an der Leine, wie wenn er unter akutem Gedächtnisverlust leiden würde.

Das Hundeschule-Phänomen
Woran das wohl liegen mag? Der Mensch sagt jetzt mit Sicherheit und leicht vorwurfsvollem Unterton: «Mein Hund weiss ganz genau, dass er in der Hundeschule ist, weil er dann mehr Leckerlis bekommt.» Und weisst du was? Dein kluger Hund hat sogar recht. Erstens mit dieser Aussage und zweitens, dass er danach wieder an der Leine zieht. Würde ich genauso machen, wenn mein Mensch sich vor allem in der Hundeschule konzentrieren kann und ausserhalb in seinen «Alltagsmodus» fällt.

Wenn die ganze Geschichte auch noch auf einem Hundeplatz stattfindet und nicht in einer alltagsähnlichen Umgebung, ist es nicht selten um die Konzentration des Menschen geschehen, sobald er wieder den alltäglichen Boden betritt. Selbst, wenn die Lektion im Alltag stattfindet, beobachte ich dasselbe Phänomen. Mit dem Ende der Lektion endet dann gleichzeitig auch das bewusste Unterwegssein mit dem Hund.

Kommt dir das bekannt vor?
Sicher kennst du diese Situation: Dein Hund geht einigermassen locker an der Leine mit. Du triffst einen Bekannten unterwegs, der muss nicht einmal einen Hund dabeihaben. Einzig die Tatsache, dass ihr euch unterhaltet, ist für deinen Hund ein Freibillet, deinen Arm kräftemässig zu strapazieren. Nein, dein Hund macht das nicht extra. Er will dich auch nicht ärgern und langweilig ist es ihm gerade auch nicht.

Pawlow sitzt dir immer auf der Schulter

Du hast deine Fellnase klassisch konditioniert, im Sinne von: Immer, wenn du dich unterhältst, ist deine Aufmerksamkeit nicht mehr bei deinem Hund. Gleichzeitig fallen auch noch das Lob und das Leckerli weg, wobei wir bei der negativen Strafe gelandet sind: Etwas Angenehmes wird dem Hund vorenthalten. Dann tut sich der Hund halt selber etwas Gutes und zieht sich mal eben eine Umweltbelohnung rein. Wo er Recht hat, hat er Recht.

Dein Lernfeld ist nicht die Hundeschule sondern der Alltag
Wie war das nochmals mit Hundeplatz und viel belohnen? Natürlich meine ich nicht, dass du auf dem Hundeplatz oder in der Hundeschule weniger belohnen sollst, damit du deinem Alltag näher kommst. Vor allem nicht bei einem jungen Hund im Aufbau. Sondern, dass du dich auf dem Spaziergang genauso verhalten sollst, wie in der Hundeschule, also bewusst und fokussiert und dass du genauso oft belohnst. Wir reden hier ja explizit nicht von einer Begleithunde- oder Agility-Lektion, sondern von einem alltagsorientierten Unterricht.

Der Weg ins Gelände ist das Ziel
Und selbst, wenn du in einer Dummy-Gruppe zum Arbeitsgelände gehst, bist du mit deinem Hund im Alltag unterwegs. Den Ausbildungsstand eines Teams erkenne ich nicht daran, wie schnell der Hund das Dummy bringt, sondern wie entspannt der Mensch mit seinem Hund an der lockeren Leine vom Parkplatz in den Wald spaziert.

Multitasking ist gefragt
Und wenn er oder sie sich dabei auch noch unterhalten kann, hat das Team schon richtig gut geübt. Dein Hund hat gelernt, dass du zu Multitasking fähig bist und er trotzdem für das lockere An-der-Leine-Gehen belohnt wird.

Würde ich eine Alltagsprüfung kreieren, wäre das mit Sicherheit ein Schwerpunkt: Aufgaben, bei denen der Mensch seine Aufmerksamkeit teilen muss, etwa Fragen beantworten und gleichzeitig mit seinem Hund einen kleinen Parcours gehen.

Beide Enden der Leine dürfen lernen, mit Umweltreizen umzugehen
Ich muss gerade innerlich lachen. Meistens liest man diesen Satz ja umgekehrt: «Der Hund soll lernen, sich trotz Ablenkung im Aussen auf seinen Menschen zu konzentrieren.» Natürlich darf auch dein Hund lernen, mit mehr Reizen klarzukommen. Aber das setzt voraus, dass du ihm eine reelle Chance gibst, indem du seine Bemühungen überhaupt mitbekommst.

In diesem Sinne:

«Euer Alltag ist der beste Lehrmeister und hält dir immer wieder einen Spiegel vor.»

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