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Was arbeitest du mit deinem Hund?

Was arbeitest du mit deinem Hund?

Da du gerade diesen Beitrag liest, vermute ich, dass auch bei dir zu Hause mindestens eine Fellnase dein Leben bereichert. Und falls dem so ist, bin ich sicher, dass du auch schon auf die Frage «Was arbeitetest du mit deinem Hund?» eine Antwort gegeben hast.

Solltest du darauf mit Erstaunen reagiert haben und die Fragestellerin oder der Fragesteller dich etwas mitleidig angelächelt haben, mach dir nichts draus. Und selbst wenn sich dein gewöhnlicher Hund währenddessen in etwas Entfernung seinem Vergnügen, dem Schlammbaden, hingegeben hat und ausschaut wie Harry, hast du trotzdem den besten Freund auf vier Pfoten an deiner Seite. Auch ohne Pokal in der Vitrine und Schleife an der Wand. Da tut mir der Arbeitslinienabkömmling, der im Down mit Kinn auf dem Boden neben seinem Menschen liegen muss, schon fast ein bisschen leid.

Mitschnitt eines Gespräches im Café
Neulich wurde ich im Café zufällige Mithörerin eines Monologes am Nachbartisch. Der Ehrlichkeit halber gebe ich zu, dass nur die erste Minute rein zufällig war, die weiteren fünf Minuten fand ich aus psychologischer Sicht einfach äusserst spannend. Zwei Frauen sind vermutlich zufällig ins Gespräch gekommen.

Frau 1 fragt Frau 2, ob sie auch Kinder habe. Diese bejaht, nennt noch kurz das Alter ihrer beiden Sprösslinge und was diese gerne in ihrer Freizeit machen. Echt cool, wie viel Zeit diese Kinder in der Natur verbringen. Kaum hat sie den Freizeit-Satz beendet, ist Frau 1 nicht mehr zu bremsen und lässt die andere aussen vor. Die Inhalte sind zum Gähnen langweilig. Meine Schlussfolgerung: Die MUSS Genies zu Hause haben. Alles kleine Einsteins, jeder einzelne ein Mozart in spe und im Sport sowieso nicht zu toppen. Und natürlich sind beide Buben im Frühförderungsprogramm einer Eliteprimarschule integriert. Über die persönlichen Vorlieben ihrer Kids habe ich herzlich wenig erfahren.

Und was macht deinem Sprössling auf vier Pfoten Freude?
An dieser Stelle verlassen wir das Café und kehren wieder in die Hundewelt zurück. Frag doch mal den Menschen nach den Vorlieben seines Hundes. Also nicht diejenigen, die der Mensch dem Hund zuschreibt, um seine eigenen Bedürfnisse abzudecken. Ich meine ganz konkret solche Hundekramsachen wie: Buddeln, Hündinnen beschnuppern, Dinge wegfinden draussen, Runden rennen auf der Wiese, dem besten Kumpel den Stecken aus dem Fang klauen, auf dem Sofa chillen, dem Nachbarshund eins auf die Nase geben oder im Garten die Maus ausbuddeln. Und natürlich kannst du auch nach dem gemeinsamen Hobby fragen. Vielleicht machen die gerne gemeinsam Dinge suchen oder über Hindernisse hüpfen oder im Kreis herum rennen oder Menschen finden. Es gibt einiges, was zusammen Freude macht.

Ein Hobby gehört in den Freizeitbereich
Ich finde es einzig befremdlich, dass wir ein schönes, gemeinsames Hobby, das wir mit unseren Hunden teilen, als Arbeit bezeichnen. Eine lustvolle Aktivität, die hoffentlich beiden Seiten Spass macht, ist aus meiner Sicht eher dem Freizeitbereich zuzuordnen als dem Arbeitsleben.
Ich will damit überhaupt nicht sagen, dass arbeiten keine Freude machen soll. Auf jeden Fall soll sie das, schliesslich gehen wir dieser beruflichen Tätigkeit ja  einen grossen Teil unseres Lebens nach. Aber wenn du nur arbeitest und keinen Ausgleich hast, rennst du mit Sicherheit einem Burnout entgegen.

Die Arbeitsecke in der Hundeszene
Wie ich überhaupt auf das Thema «Arbeit mit dem Hund» gekommen bin? In der Retriever-Szene gibt es zum Beispiel eine sehr deutliche Kluft. Die eine Fraktion, die ihre Hunde «nur so zur Freude» Dummies finden lässt und die andere, die «ernsthaft» und «jaglich motiviert» mit ihrem Hund und der gefüllten Dummy-Weste durch die Wälder streift und nach Dummies Ausschau hält.
Sagst du jemandem aus der Dummy-Arbeitsecke, dass ihr einfach gemeinsam viel Spass habt am Suchen und in der Natur unterwegs sein, hält sich das Interesse deines Gegenübers sehr in Grenzen. Egal, wie toll dein Hund die Dummies sammeln geht.
Hast du einen Hütehund zu Hause, muss der natürlich unbedingt über den Agility-Parcour flitzen. Schliesslich muss der arbeiten. Alles andere lastet den armen Hund nicht aus. Oder du arbeitest im Hobbybereich Schafe hüten. Das alleine ist schon ein Widerspruch in sich. Und ob die Schafe das Ganze auch als ihr Hobby betrachten, lasse ich mal aussen vor.

Auch eine erfüllende berufliche Tätigkeit ist kein Hobby
Ich würde nie sagen, dass mein Beruf mein Hobby ist, auch wenn ich mich in meiner Freizeit meinen Hunden widme und mein Beruf mich sehr erfüllt. Arbeit ist Arbeit, die ist bezahlt, macht mir Freude, meiner Arbeit gehe ich gerne nach. Aber sie ist nicht mein Hobby. Wenn Menschen und Hunde keine Hobbies mehr haben, sondern nur noch arbeiten, laufen beide in eine Erschöpfung oder Überreizung hinein.

Es gibt tatsächlich Hunde, die arbeiten
Ich hege den leisen Verdacht, dass es schick ist, zu sagen, dass der eigene Hund ein Mitarbeiter ist. Das macht das Ganze so seriös und wichtig. Um auf die Frage «Was arbeitest du mit deinem Hund?» zurückzukommen: Es gibt tatsächlich Hunde, die einen richtigen Job haben. Darunter fallen die Assistenzhunde, die Diensthunde, die Hunde in der tiergestützten Arbeit, die Rettungshunde etc. Und all diese Hunde müssen zwingend ausreichend Freizeit und ein Hobby haben. Nicht um sie auszulasten, sondern um ihnen ein individuelles und artegerechtes Leben zu bieten.

In diesem Sinne:

«Die Work-Live-Balance trifft auch auf unsere Hunde zu, damit sie ein zufriedenes und erfülltes Leben führen können.»

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