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Heute morgen im Eulachpark - ein Lehrstück

Heute war ich mit einer Ergotherapie - Klientin und meinen Hunden für ein Desensibilisierungstraining ( Hundephobie) unterwegs; das im Rahmen der tiergestützten Ergotherapie.
Da wir bereits eine Weile zusammen ueben und meine Klientin mittlerweile fast schon Fachfrau ist, was Körpersprache von Hunden UND deren Haltern angeht, hatten wir heute Morgen einige «Aha- Erlebnisse». Die betroffenen Hunde würden eventuell eher sagen: einige «Ohje – Erfahrungen».

Auf der Suche nach Uebungsobjekten..
Auf der Suche nach fremden Mensch – Hund – Teams sind wir also voller Tatendrang losgezogen, einmal quer durch den Park, die 3 Therapiehunde an der Leine, verteilt auf zwei Personen. Das Glück war auf unserer Seite, fremder Hund in Sicht.
Während wir uns dem «Trainingsobjekt» näherten, erblickten wir ein zweites Mensch – Hund – Gespann, das «unserem» entgegenkam. Anhalten und beobachten war angesagt.

...auf ein Lehrstück in Sachen Hundebegegnung getroffen
Kleiner unsicherer Spanier ( vermutlich) erblickt grossen Langhaarcollie. Und zwar schon etliche Meter vor seiner Halterin. Der Spanier hängt an einer Flexleine dran, die offenbar recht viel Spielraum lässt. Zum Vorteil für den kleinen Hund, was die Länger der Leine betrifft. Dieser lässt sich nach Sichtung des Collies augenblicklich zurückfallen und zeigt ausgesprochenes Meideverhalten. Er versucht verzweifelt, mehr Abstand zu gewinnen, während der Langhaarige sich frontal und rasant nähert, seinen Menschen im Schlepptau hinter sich herziehend. Wieder Blick zum kleinen Spanier: dieser mittlerweile wie eingefroren am Boden klebend, zumindest für den Bruchteil einer Sekunde. Dann wird er durch einen Leinenruck nach vorne gerissen und hinter dem Menschen hergeschleppt. Frontal auf den Collie zu. Dieser macht sich gross und grösser, der arme Spanier klein und kleiner. Mir bleibt das Herz stehen. Wie kann man so unsensibel sein als Hundemensch. £

Nur weg hier aus Hundesicht - da muss er jetzt durch aus Menschensicht
Auf gleicher Höhe macht der Spanier einen riesen Satz weg vom Langhaarigen und schiesst wie eine Kugel an diesem vorbei. So schnell konnte der gar nicht reagieren. Das Ganze dauerte möglicherweise eine halbe Minute von Sichtung bis zur Passage. Eine Schreckensewigkeit für den Hund, der sich mutterseelenalleine durch diese äusserst schwierige und beängstigende Situation hat retten müssen. Danach der Spannungsabbau mit viel Gebell, das – du erahnst es – natürlich vom Menschen abgestraft wurde mit einem kräftigen Ruck an der Flexleine und einem deftigen Verweis.

Und was lernt der arme kleine Hund dabei?
Da kommen mir echt die Tränen. Was hat der Hund gelernt? Denk mal darüber nach. Meine Klientin mit der Hundephobie, voller Empathie für den Spanier, meinte: «das hat seine Angst auch nicht gerade kleiner gemacht. Würdest Du mich in eine solche Lage bringen, käme ich nicht mehr zu Dir in die Therapie. Ich hätte kein Vertrauen mehr in Dich.» Wo sie Recht hat, hat sie Recht.

Und schon folgt der zweite Streich in anderer Konstellation
So standen wir einen Moment mit unseren Hunden im Park und waren gerade dabei, das Erlebte zu verarbeiten, als sich einige Meter vor uns das zweite Lehrstück in Sachen Unsensibilität abzuspielen begann. Wieder mit dem Langhaarcollie und seinem Anhängsel an der Leine und einer jungen deutschen Dogge. Der Langhaarige erblickt die junge Dame und schon gibt er wieder Gas. Das Anhängsel im Schlepptau. Der Doggenmensch wartet dort an seiner Ecke auf DIE Spielgelegenheit für seinen Junghund ( war ja wegen Corona bisher etwas schwierig). Die hübsche Dogge möchte gerne hinter ihren Menschen, was jedoch nicht möglich ist, da der Mensch direkt vor einem Geländer steht. Die Dogge schrumpft auf halbe Körpergrösse, die Rute geht in Richtung Bauchnabel und der Collie kommt näher und näher.

Unsensible Zweibeiner und eine verängstigte Dogge
Und wieder bleibt mir kurz der Atem weg ( kein Asthma, EMPOERUNG!). Der Collie rempelt ungebremst die junge Hündin an. Beide Leinenhalter absolut passiv zu Beginn. Nach dem ersten Ueberfall des Collies bringt sich der Colliemensch ins Spiel, in dem er sich auch noch auf die schon sehr eingeschüchterte Hündin stürzt, um sie nett zu knuddeln. Wir denken dran, er hat immer noch seinen Collie nach vorne hechtend an der Leine. Das absolute Chaos spielt sich da gerade ab. Und der Collie setzt noch einen drauf: er massregelt die Dogge, weil diese von SEINEM Menschen angetascht wird. Der Doggen – «Halter» tut einfach NICHTS, ausser die Leine auf Spannung zu halten. Nach einer gefühlten Ewigkeit beschliesst der Collie, dass er genug hat von der Dogge und zieht seinen Menschen zum nächsten Abenteuer hinter sich her.

Was hat diese junge Dogge gerade gelernt? Sicherlich nicht SPIELEN
Eigentlich wollten wir ja nette Hundebegegnungen zusammen ueben, meine Klientin, die 3 Hundedamen und ich. Und eigentlich wollte ich mich auch gar nicht einmischen. Aber nach zwei solchen Events ist meine Impulskontrolle definitiv aufgebraucht. Ich habe den Doggenhalter freundliche gefragt, was der denkt, was seine Hündin gerade gelernt hat in dieser Situation. Du erahnst seine Antwort: SPIELEN. Wir haben dann noch einen Moment zusammen geredet, weil es mir ein Anliegen war, ihm zu erklären, was sich da gerade abgespielt hat und was seine Hündin tatsächlich mitgenommen hat emotional.

Wo sie Recht hat...
Meine Klientin hat später treffend zusammengefasst: «Wenn der Mensch nicht ganz fest geschult wird, das Verhalten seines Hundes und das des entgegenkommenden Hundes zu lesen, zu interpertieren und gleichzeitig auch noch den Menschen zu beobachten und dessen Verhalten einzuordnen, kann das nicht gut gehen». Wo sie Recht hat, hat sie Recht

 

In diesem Sinne:

«Lieber mal eine Begegnung aussen vor lassen, anstatt deinen Hund in Bedrängis zu bringen.»

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