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Das Fläschchen für danach

Was für ein sonniger Morgen für einen Hundespaziergang in der Natur. Abschalten und Corona zu Hause, respektive im Computer oder Handy lassen. Keine Nachrichten lesen, kein Update zur coronalen Lage, einfach für 2 Stunden mit den Hunden sorglos draussen sein. Es fängt richtig gut an. Keine Leute, warme Temperatur; meine drei Hunde, meine Krücken und ich auf 16 Beinen zusammen unterwegs. Und wie ich so langsam in den Entspannungsmodus reinrutsche und richtig zufrieden mit den Damen durch die Landschaft ziehe, passiert das Unausweichliche:

Es nähern sich zwei Menschen und das gerade auf diesem schmalen Waldweg. Timing perfekt, denke ich. Nicht dass wir üblicherweise Probleme mit Menschen haben. Kein Bellen, kein Zerren an den Leinen, kein auf die Menschen losstürmen, nein wir gehen einfach VORBEI. Nur: jetzt wird’s schwierig. Der 2m Abstand geht schon gar nicht, ausser ich hüpfe noch schnell mit den Krücken und den restlichen 12 Beinen in den Wald. Oder aber, ich versuche, möglichst effizient und schnell an den 2 Menschen vorbeizukommen. Irgendwie ist alles nicht mehr ganz entspannt seit dem Social Distancing. Während ich hektisch denke und eine Strategie entwickle, liegen ungefähr noch 10m Distanz zwischen uns und dem Paar. Leider nur noch für eine gefühlte Sekunde, denn die beiden geben Gas – die Zweibeiner - und platzen «null komme nüd» in meine Hundegruppe rein: «jö, sind die härzig, wir hatten auch dieselbe Rasse, wie heissen die denn, kann man die streicheln?» und fallen vor den Hunden in die Hocke. Zur Erinnerung: schmaler Waldweg, keine Ausweichmöglichkeit.
Ich bin nicht so schnell sprachlos, aber heute hat`s mich kalt erwischt. Ich stehe da wie der Esel am Berg und bring keinen Pieps raus. Das Ganze dauert eine gefühlte Ewigkeit. Bin nur froh, dass meine Goldihündin nicht ganz so aufgeschlossen Fremden gegenüber ist. Die hält sich abseits und schaut genau wie ich dumm aus der Wäsche, respektive aus dem Fell. Die beiden anderen Kuscheldamen lassen es sich gut gehen und glotzen verzückt ob der Streichlerei zu mir hoch.
Während ich wie eingefroren rumstehe, erheben sich die beiden Hundeflüsterer, verabschieden sich mit einem "Danke fürs Streicheln" und gehen zügig von dannen.
Ich sortiere meine Hunde, sammle mich und sehe von hinten, wie die beiden Hundeknutscher ihre Hände wie beim Händewaschen reiben und eines dieser raren Fläschchen hin und her geben.
Und was mache ich nun bitte mit meinen 2 befellten und betatschten Wesen? Hoffen, dass die beiden Hundefans Corona-Viren frei sind, sich heute Morgen bereits mehrfach aus ihrem Fläschchen bedient haben und mein Immunsystem gut aufgestellt ist.
Was mich aber einmal mehr zum Nachdenken bringt ist die Tatsache, dass einige Menschen offenbar immer noch gedankenlos und egoistisch bedürfnisorientiert draussen unterwegs sind. Ganz nach dem Motto: "Hauptsache ich habe ein Fläschchen für danach dabei". Zuerst Satisfaction und danach:  Desinfection.

 

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