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Körperwahrnehmung und Achtsamkeit als Schlüssel zum Erfolg im Umgang bei dir und deinem Hund

Heute waren wir in der Gruppe Alltag und Beschäftigung im Wald unterwegs. Unser Einstiegsthema war Körperwahrnehmung und Achtsamkeit. Was hat das mit Hundeausbildung zu tun? Vermutlich viel mehr, als du denkst.

Lass dich gedanklich auf ein Experiment ein
Möchtest du dich auf ein kleines Experiment einlassen? Dann schliesse bitte für einen Moment deine Augen und stell dir vor, wie es sich in deinem Körper anfühlt, wenn dein Hund sich mit seinem Körpergewicht in die Leine hängt, die du in der Hand hältst.

Welche Muskelgruppen spannen sich an, um dem Zug entgegenzuwirken? Du musst ziemlich viel Kraft aufbringen, um nicht von den Füssen zu fallen oder zumindest aus dem Gleichgewicht zu kommen. Und mit Sicherheit wird nicht nur die Handmuskulatur strapaziert.

Wie es wohl deinem Hund dabei geht?
Nun stell dir bitte vor, wie sich dein Hund fühlt, wenn er dich wie ein Traktor durch die Gegend zieht. Welche Muskulatur verspannt sich in deinem Hund? Wie verkrampft fühlt sich sein Körper an? Wie schmerzhaft wird es für euch beide mit der Zeit werden?

Dein sympathisches Nervensystem hat viel zu tun
Alles in allem eine sehr angespannte und ungesunde Angelegenheit. Euer beider Muskeltonus steigt an, die Muskulatur verkrampft sich, die Nerven melden dem Gehirn, dass Stress im System ist. Das Gehirn schüttet Stresshormone aus und das wars dann mit dem entspannten Spaziergang auf beiden Seiten.

Körperliche Anspannung überträgt sich auf die Psyche, macht unruhig, nervös und gereizt. Im Menschen entsteht zusätzlich Ärger, was ein Aspekt von Frustration ist und ein Gefühl der Enttäuschung auslöst. Und nun kommt euch ein anderes Mensch-Hund-Team oder ein anderer Reiz entgegen. An ein entspanntes Vorbeigehen ist nicht mehr zu denken, weil ihr als System bereits in einem höheren Spannungszustand gelandet seid.

Begib dich auf eine Körperreise und spüre genau hin
Was also tun? Mein Vorschlag ist, an der Basis anzusetzen. Die Basis beinhaltet, dass Du Dich selbst differenziert wahrnehmen kannst.
Am besten beginnst du diese Körperreise, wenn du dich wohl und ausgeglichen fühlst. Sehr hilfreich ist, deinen Körper von den Füssen ausgehend bis hoch zum Scheitelpunkt wahrzunehmen. Das geht mit etwas Übung sehr schnell.

Zu Beginn übst du das zuerst für dich allein ohne Hund, damit du dich ganz auf dich konzentrieren kannst. Im Internet gibt es kurze geführte Anleitungen dazu. So hast du eine sogenannte Baseline, welche dir als Orientierungshilfe dient.

Du lernst, kleine Veränderungen in deinem System wahrzunehmen
Auf Grundlage dieser Baseline realisierst du, wenn sich etwas verändert; zum Beispiel wenn deine Leinenhand oder Leinenarm anfangen sich anzuspannen, auch wenn es nur ein paar Gramm mehr sind. Du nimmst wahr, wie sich deine Atmung verändert, wenn du in einen leichten Stresszustand gerätst. Wie deine Schultern sich anspannen, wenn dir ein anderes Team entgegenkommt. Oder wenn dein Hund einen jagdlichen Reiz aufnimmt. Oder wenn du dich in Gedanken auf dem Spaziergang noch mit dem Ärger im Geschäft befasst.

Dein Hund bekommt deine kleinsten Veränderungen mit
All diese Veränderungen in beide Richtungen nimmt auch dein Hund wahr: zum Teil über die Leine und zu einem grossen Teil über deine Körpersprache, deine Stimmfarbe, deine Mimik und Gestik sowie über deinen Geruch.

Gib Dir und Deinem Hund die Zeit, anzukommen, bevor ihr losgeht
Beginne deinen nächsten Spaziergang in der Ruhe. Vielleicht lässt du sogar deinen Hund noch ein paar Minuten im Auto und begibst dich für eine Minute auf diese Körperreise, die du ja bereits ein paar Mal zu Hause geübt hast. Dazu kannst du die Augen auch offenlassen.

Wenn es dir schwerfällt, eine entspannte Muskulatur von einer angespannten zu unterscheiden, spanne eine bestimmte Muskelgruppe an und lass sie langsam wieder los. Geniesse das Gefühl der Leichtigkeit, wenn die Muskeln sich lockern. Nimm ein paar tiefe Atemzüge, probiere ein Lächeln aus und halte das für einige Sekunden. Keine Sorge, auch ein gestelltes Lächeln aktiviert die richtige Muskulatur dazu. Dein Körper schüttet nach einigen Minuten lächeln schon mal ein paar Glückshormone aus und dasselbe gute Gefühl macht sich in dir breit, als wenn du tatsächlich am Lächeln wärst. Und schon steigt ein echtes Lächeln in dir hoch.

Gib auch deinem Hund die Zeit, anzukommen am Ausgangpunkt eures Spazierganges. Du öffnest nach einem Moment seine Boxentüre und bittest ihn auszusteigen. Wenn ihr dann zusammen losgeht, lass einen grossen Teil deiner Aufmerksamkeit bei dir, in deinem Körper und in deinem Geist. Bleib zentriert und lass dein inneres Lächeln grösser werden, während ihr die ersten Minuten zusammen unterwegs seid.

Deine Sinne öffnen und in den Tag spazieren
Schärfe deine Sinne, spüre den Boden unter deinen Füssen, den leisen Wind, der dein Gesicht streichelt. Lausche den Vögeln, die mit euch zusammen den Tag begrüssen. Atme tief ein und aus und nimm die Frische des Tages in dir auf. Lass deinen Hund ankommen in seiner Geruchswelt. Lasst euch Zeit, euch aufeinander einzustimmen. Jeder Tag bietet dir eine neue Chance für einen achtsamen Spaziergang mit dir und Deinem Freund auf vier Pfoten.

Euer Schlüssel zum Erfolg
Es geht nicht primär darum, was dein Hund tun oder lassen soll, sondern wie DU selbst mit dir unterwegs bist. Das ist der Schlüssel zum Erfolg. Du bist der Schlüssel zu einem entspannten und ruhigen Miteinander. Probiere es gerne aus. Ich bin sicher, eure gemeinsame Draussenzeit wird an Tiefe und Zufriedenheit gewinnen.

In diesem Sinne:

«Wenn du in deinem Körper gut verankert bist und deine Emotionen ausgeglichen sind, kann auch dein Hund innerlich zur Ruhe kommen.»

  

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